29 Dez, 2020

Aufenthalt in Österreich für EU Bürger und deren Angehörige

1. Auch wenn die Grundfreiheit des freien Personenverkehrs EU-Bürgern grundsätzlich erlaubt ohne Einschränkungen in einem anderen Mitgliedsstaat zu wohnen oder zu arbeiten, sind auch für diese Gruppe von Immigranten bei der Einwanderung in Österreich einige wichtige Punkte zu beachten. In diesem Artikel wird die Frage behandelt, worauf zu achten ist und welche bürokratischen Auflagen erfüllt werden müssen, wenn man sich als Staatsbürger eines anderen EU-Mitgliedsstaates in Österreich niederlässt und welche Möglichkeiten deren Angehörige (die selbst EU-Bürger sein können oder nicht) für einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich haben.

2. Die in der Folge beschriebenen Regelungen gelten nicht nur für EU-Bürger, sondern auch für Staatsangehörige des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein und Norwegen) sowie der Schweiz. Zum Thema Brexit erscheint in den nächsten Tagen ein weiterer Artikel.

3. EU-Bürger sind grundsätzlich zum visumfreien Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat für die Dauer von bis zu drei Monaten berechtigt. Wenn sie sich für einen längeren Zeitraum in Österreich niederlassen möchten, dürfen sie dies nur tun, wenn sie in Österreich berufstätig sind (als Arbeitnehmer oder selbstständig) oder wenn sie für sich und ihre Familienmitglieder ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen (Privatiers) oder wenn der Hauptzweck des Aufenthalts zu Ausbildungszwecken erfolgt und die betreffende Person für sich und ihre Familienmitglieder ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt. In beiden Fällen dürfen keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen werden.

4. Ausreichende Existenzmittel liegen dann vor, wenn diese über der Sozialhilfegrenze liegen. Diese Grenze ergibt sich in Österreich aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung (abhängig vom Bundesland, in Wien im Jahr 2020: ein Einkommen unterhalb der Grenze von € 917,35 für Alleinstehende oder Alleinerzieher, € 688,01 [pro Person] für Paare und € 247,68 zusätzlich für minderjährige Kinder [pro Kind]).

5. EU-Bürger können beispielsweise dann ausgewiesen werden, wenn sie Sozialleistungen im Aufnahmestaat unangemessen in Anspruch nehmen. Bei der Entscheidung hierüber hat die Behörde aber die individuelle Situation der betroffenen Person zu berücksichtigen.

6. Angehörige von EU-Bürgern, die ihr Aufenthaltsrecht in Österreich in Anspruch nehmen und die selbst EU-Bürger sind, sind ebenfalls zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Als Angehörige gelten Ehegatten, eingetragene Partner oder aber auch Lebensgefährten (wobei das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachgewiesen werden muss). Daneben zählen auch bestimmte andere Verwandte dazu, wie Verwandte in absteigender Linie (Kinder, auch Stief- oder Adoptiv- und Enkelkinder bis zum 21. Geburtstag, sofern tatsächlich Unterhalt geleistet wird), Verwandte in aufsteigender Linie (Eltern oder Großeltern, sofern diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird) oder sonstige Angehörige (die bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben oder in einem Haushalt gelebt haben oder bei denen aufgrund gesundheitlicher Probleme eine persönlich Pflege dringend erforderlich ist).

7. EU-Bürger bzw deren Angehörige, die sich aufgrund der beschriebenen Vorgaben in Österreich niederlassen möchten, haben dies binnen vier Monaten bei der zuständigen Behörde (in Wien ist die MA 35) anzuzeigen. Daraufhin hat die Behörde eine Anmeldebescheinigung auszustellen, mit der das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht in Österreich dokumentiert wird. Bei der Beantragung ist neben einem gültigen Reisepass oder Personalausweis ein Nachweis vorzulegen, aus dem sich das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht ableiten lässt (zB Arbeitsvertrag, Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel, Schulbesuchsbestätigung etc).

8. Angehörigen von EU-Bürgern (die ihr Aufenthaltsrecht in Österreich in Anspruch nehmen) die selbst aber keine EU-Bürger sind, kommt ebenfalls ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich zu. Damit ist auch ein unbeschränkter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verbunden. Die Angehörigeneigenschaft wird nach den gleichen Kriterien bewertet, wie bei Angehörigen, die selbst EU-Bürger sind.

9. Drittstaatsangehörigen Angehörigen von EU-Bürgern wird zur Dokumentation ihres Aufenthaltsrechts in Österreich eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Auch hierfür ist der Antrag bei der zuständigen Behörde binnen vier Monaten ab Einreise zu stellen. Damit ist der freie Zugang zum Arbeitsmarkt dokumentiert. Auf Antrag kann durch das Arbeitsmarktservice (AMS) hierüber auch eine gesonderte Bestätigung ausgestellt werden.

Dr. Alexander Raidl, BA

Pramergasse 21, 1090 Wien

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