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13 Jan, 2021

Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft an Nachfahren von Verfolgten des NS-Regimes

1. Mit 1. September 2020 ist in Österreich eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes in Kraft getreten, die es nunmehr auch direkten Nachkommen von Personen, die wegen der Verfolgung durch Organe der NSDAP oder durch Behörden des Dritten Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich das Land vor dem 15. Mai 1955 verlassen mussten ermöglicht, die Österreichische Staatsbürgerschaft verliehen zu bekommen, ohne die bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.

Erweiterung der Antragsmöglichkeiten

2. Durch die Gesetzesänderung wurde die Möglichkeit der Erlangung der Österreichischen Staatsbürgerschaft auch auf Staatsangehörige eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder Staatenlose, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten und Aufgrund der Verfolgung durch das NS-Regime das Land verlassen mussten, ausgedehnt. Diese Personen können durch Anzeige bei der zuständigen Behörde die Österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Darüber hinaus wurde diese Möglichkeit nun auch auf Nachkommen in direkter absteigender Linie und Adoptivkinder, die bereits als Minderjährige an Kindes statt angenommen wurden, erweitert.

3. Der Vorfahre, auf den sich der Nachfahre bei seiner Antragstellung beruft, muss dabei als Verfolgter im Sinne dieses Gesetzes gelten. Dieser muss die Österreichische Staatsbürgerschaft erworben haben oder zumindest erwerben haben können. In Anbetracht der Tatsache, dass die allermeisten Verfolgten aus der NS-Zeit mittlerweile bereits verstorben sind, darf die Behörde an die Nachvollziehbarkeit der Voraussetzungen auch keine unverhältnismäßig hohen Anforderungen stellen.

Verweigerung der Erteilung der Staatsbürgerschaft

4. Die Gründe, aus denen die Österreichische Staatsbürgerschaft zu verweigern ist entsprechen dabei im Grunde jenen, die auch bei einer Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft aus anderen Gründen zum Tragen kommen. Demnach darf die Staatsbürgerschaft nicht an Personen erteilt werden, die wegen schwerer Straftaten oder schwerwiegender Finanzdelikte verurteilt wurden oder an Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellen oder extremistischen oder terroristischen Gruppierungen nahestehen.

Die Rolle des Nationalfonds bei der Antragstellung

5. Damit ein Antragsteller den Anspruch auf Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft nachweisen kann, muss er Urkunden und Dokumente vorlegen, aus denen sich sein Anspruch ableiten lässt. Da dies mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann, sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Behörde den Nationalfonds der Republik als Sachverständigen beiziehen kann. Die Aufgabe des Nationalfonds liegt in der Erbringung von Leistungen an NS-Opfer, insbesondere an Personen, die keine oder eine völlig unzureichende Leistung erhielten, die in besonderer Weise der Hilfe bedürfen oder bei denen eine Unterstützung auf Grund ihrer Lebenssituation gerechtfertigt erscheint. Der Nationalfonds unterstützt außerdem sowohl Überlebende des NS-Regimes als auch ihre Familien, indem er die Durchführung von Familienrecherchen anbietet und so bereits über eine umfassende Dokumentation verfügt. Dadurch kann dieser möglicherweise auch entsprechende Nachweise für einen Anspruch auf Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft gegenüber der zuständigen Behörde erbringen.

Zuständige Behörde

6. Bei Vorliegen der Voraussetzungen erwirbt der Antragsteller die Österreichische Staatsbürgerschaft rückwirkend zum Tag der Anzeige bei der Behörde. Zuständig ist grundsätzlich die Landesregierung jenes Bundeslandes, in dem der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz hat. Personen, die nicht in Österreich leben, können die Anzeige bei der für ihren Hauptwohnsitz zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde einbringen. Diese leitet dann den Antrag an die zuständige Behörde in Österreich weiter.

Dr. Alexander Raidl, BA

Pramergasse 21, 1090 Wien

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