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9 Okt, 2023

Gefahr für öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit – Staatsbürgerschaft verweigert

Foto eines österreichischen Reisepasses

Kann die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verweigert werden, obwohl eigentlich alle Erteilungsvoraussetzungen vorliegen? Ja, wenn dies eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bedeuten würde.

Abdul lebt seit beinahe 10 Jahren als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich. Er ist hervorragend integriert, hat eine Deutsch-Sprachprüfung auf C1-Niveau abgelegt und arbeitet seit mehreren Jahren als Filialleiter einer großen Handelskette.

Abdul hat die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt. Obwohl er alle Voraussetzungen dafür erfüllt, wie einen ausreichend langen, durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, Unbescholtenheit und einen gesicherten Lebensunterhalt, wird ihm die Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft verweigert. Die Behörde begründet das damit, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt. Was war geschehen?

Wann kann die Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft verweigert werden?

Eine der Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist, dass der Antragsteller eine bejahende Einstellung zur Republik hat und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere verfassungsrechtlich geschützte öffentliche Interessen bedeutet.

Die Staatsbürgerschaftsbehörde prüft in diesem Zusammenhang, ob der Antragsteller in der Vergangenheit strafbare Handlungen gesetzt hat. Es kommt dabei nicht darauf an, welche Art von Gesetz übertreten wurde und ob es sich dabei um gerichtlich strafbare Handlungen oder Verwaltungsübertretungen handelt. Es ist nicht einmal erforderlich, dass es zu einer rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist bzw dass die Strafe tatsächlich verhängt wurde.

Bei der Prüfung kommt es auf das Gesamtverhalten des Antragstellers an. Dieses wird von seinem Charakterbild bestimmt, dass sich durch die Art der begangenen Straftat ergibt. Es kommt dabei auch auf die Schwere der begangenen Tat an und wie lange diese seit dem Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde zurückliegt. Umso kürzer der Zeitraum des Wohlverhaltens zwischen der Tat und der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist, desto eher wird dies ein Verleihungshindernis bedeuten?

Welche Taten gelten als Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit

Der häufigste Grund, aus dem die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verweigert wird, sind Verkehrsstrafen. Es kommt dabei einerseits auf die Schwere der Übertretung der Straßenverkehrsordnung an, sowie auf deren Häufigkeit. Eine einmalige Strafe wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wird in der Regel kein Verleihungshindernis bedeuten, zumal dies ohnehin oft in Form einer Anonymverfügung geahndet wird und bei fristgerechter Bezahlung auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr aufscheint. Verwaltungsstrafen wegen schwerwiegender Verkehrsdelikte, wie stark überhöhter Geschwindigkeit, Fahren über eine rote Ampel, alkoholisiertes Autofahren oder Fahren ohne Führerschein werden der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft in der Regel aber jedenfalls entgegenstehen.

Neben Verkehrsstrafen können auch sämtliche anderen Straftaten in die Beurteilung mit einbezogen werden. Strafrechtliche Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe stehen der Verleihung der Staatsbürgerschaft ohnehin entgegen, aber auch Taten, nach denen es zu keiner Verurteilung oder Bestrafung gekommen ist, weil sie außergerichtlich erledigt werden konnten oder eingestellt wurden, werden im Rahmen einer Gesamtverhaltensprüfung in das Staatsbürgerschaftsverfahren mit einbezogen. Das bedeutet, dass allein die Tatsache, dass in der Vergangenheit ein (verwaltungs)strafrechtliches Verfahren gegen einen Antragsteller geführt wurde, genügen kann, damit die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verweigert wird.

Konsequenz für Antragsteller

Abdul war vor seinem aktuellen Job einige Jahre lang als Taxifahrer tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er zahlreiche Verwaltungsstrafen wegen mehrerer geringfügiger Übertretungen der Straßenverkehrsordnung erhalten. Die letzte Strafe erhielt er vor ca 2 Jahren mit seinem Privat-PKW wegen unerlaubten Parkens im Park- und Halteverbot. Die zuständige Staatsbürgerschaftsbehörde konnte daher im Hinblick auf das Charakterbild von Abdul nicht zu einer positiven Zukunftsprognose gelangen und musste davon ausgehen, dass er auch in Zukunft die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung missachten wird. Wenn sich Abdul nun mehrere Jahre unauffällig verhält und keine neuen Verkehrsstrafen begeht, kann ein neuer Antrag auf Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft aber Erfolg haben.

Dr. Alexander Raidl, BA

Pramergasse 21, 1090 Wien

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