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Schlagwort: Rechtsmittel

Mein Antrag auf Verlängerung meiner Aufenthaltsbewilligung wurde abgelehnt – Was kann ich tun?

Yulia kommt ursprünglich aus der Ukraine, lebt bereits seit 4 Jahren in Wien und studiert Architektur an der Technischen Universität Wien. Sie spricht perfekt Deutsch und arbeitet nebenbei in kleinen Gelegenheitsjobs als Kellnerin oder Promotorin. Ihr Aufenthaltsrecht in Österreich hat sie aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung „Student“, die sie jedes Jahr bei der MA 35 verlängern lassen muss. Bei dieser Verlängerung legt sie sowohl ihr aktuelles Studienblatt als auch eine Studienerfolgsbestätigung über ihre im vergangenen Jahr erbrachten Studienleistungen vor.

Auch heuer hat sie wieder um Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung angesucht. Sie weiß, dass die MA 35 zurzeit völlig überlastet ist und sie ist daher auch nicht verwundert, dass sie selbst mehrere Wochen nach ihrer Antragstellung noch nichts von der Behörde gehört hat. Eines Tages erhält sie jedoch anstelle der erwarteten Bestätigung über die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung eine „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ von der MA 35, in der ihr mitgeteilt wird, dass die Behörde beabsichtigt ihren Antrag abzuweisen, weil sie im abgelaufenen Studienjahr nicht die erforderliche Mindeststudienleistung von 16 ECTS erbracht hat. Was ist hier passiert und was kann Yulia nun unternehmen?

Mindeststudienleistung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Student“?

Wer nach Österreich einwandern möchte, um hier zu studieren, muss zunächst nur die allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllen. Diese sind ausreichende Unterhaltsmittel, eine Krankenversicherung in Österreich und man darf die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gefährden. Den Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft müssen Studenten nicht mehr nachweisen.

Außerdem muss gegenüber der Einwanderungsbehörde nachgewiesen werden, dass man für ein Studium an einer österreichischen Universität, Fachhochschule oder anerkannten Privatuniversität zugelassen ist bzw als außerordentlicher Student einen Vorbereitungslehrgang zur Zulassung für ein ordentliches Studium besucht.

Eine Aufenthaltsbewilligung Student wird immer nur für ein Jahr ausgestellt und muss danach immer wieder verlängert werden. Jede Verlängerung erfordert, dass zusätzlich zu den bereits beschriebenen Voraussetzungen im abgelaufenen Studienjahr ein Studienerfolgsnachweis von 16 ECTS oder 8 Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der erforderliche Studienerfolgsnachweis muss immer im abgelaufenen Studienjahr nachgewiesen werden. Wenn der Antrag auf Verlängerung also zB im November 2020 gestellt wurde, muss die Behörde das Studienjahr Wintersemester 2019 und Sommersemester 2020 betrachten.

Kann eine Aufenthaltsbewilligung auch erteilt werden, wenn kein ausreichender Studienerfolg nachgewiesen werden kann?

Das ist zwar grundsätzlich möglich, aber nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen, die oftmals in der Praxis nicht nachgewiesen werden können. Dazu müssen nämlich Gründe vorgelegen sein, die die Erbringung des Studienerfolgs verhindert haben, auf die der Antragsteller persönlich keinen Einfluss hatte und die unvorhersehbar oder unabwendbar waren. Darunter können zum Beispiel schwere Krankheiten fallen, die einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt erforderlich gemacht haben, nicht aber Prüfungsangst oder Stress, auch aufgrund von möglichen Mehrfachbelastungen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgestellt (VwGH 19.3.2021, 2021/22/0033), dass Studieneinschränkungen, die aufgrund der Corona-Pandemie erfolgten, als anerkannter Hinderungsgrund gelten können, es hängt dabei aber immer von den konkreten Auswirkungen auf den Antragsteller ab.

Was kann Yulia nun tun?

Bevor die MA 35 tatsächlich einen abweisenden Bescheid erlässt, wird Yulia aufgefordert, schriftlich zur rechtlichen Auffassung der Behörde Stellung zu nehmen. Darin erklärt Yulia, dass ihr Studienleistungen aus dem Studienjahr 2019/20 aus einem anderen Studium angerechnet wurden, die Technische Universität Wien diese Anrechnung aus administrativen Gründen aber erst im Oktober 2020 in ihrem Sammelzeugnis eingetragen hat, weshalb es nun so aussieht, als hätte sie diese Studienleistungen nicht im Studienjahr 2019/20 erbracht, obwohl das sehr wohl der Fall war.

Was tun wenn ein negativer Bescheid kommt?

Die MA 35 erkennt die Argumentation von Yulia nicht an und erlässt dennoch einen Bescheid, in dem ihr Antrag auf Aufenthaltsbewilligung abgelehnt wird. Yulia ist entsetzt über diese falsche Entscheidung der Behörde und will dagegen vorgehen. Wie kann sie das tun?

Gegen Bescheide der MA 35 steht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zur Verfügung. Eine solche Beschwerde muss innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids schriftlich bei der MA 35 eingebracht werden und es muss darin klar erläutert werden, warum der Bescheid der MA 35 rechtlich falsch war.

Das Verfahren wird dann in weiterer Folge vor dem Verwaltungsgericht und damit von einem unabhängigen Richter geführt, der – sofern dies beantragt wurde – auch eine mündliche Verhandlung durchführt und den Sachverhalt im Detail prüft.

Erfreulicherweise erkennt die zuständige Verwaltungsrichterin, dass Yulia sehr wohl ausreichende Studienleistungen im Studienjahr 2019/20 erbracht hat und bewilligt schlussendlich ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung.